So verbinden wir mit dem Streuobstbau Gedanken an den Naturschutz und wertvolle, extensiv genutzte Lebensräume. Ihre Entstehung reicht in eine Zeit zurück, in der sie mit dem Ziel etabliert wurden, das Land intensiver zu nutzen. Man schaffte ein doppeltes Anbausystem: unten Gras oder Acker, oben der Baum.
Angefangen hat alles mit den Römern...
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Blick über Gaggenauer Streuobstwiesen in Richtung Baden-Baden Foto: privat
Streuobstwiesen stellen ein einzigartiges Biotop mit über 5000 Tier- und Pflanzenarten dar
Viele Tiere, die auf der Roten Liste gefährdeter Arten stehen, finden auf unseren Streuobstwiesen ein Zuhause. Vor allem Vögel, Käfer, Schmetterlinge und Kleinsäuger profitieren von dem reichhaltigen Angebot an Höhlen, Blüten und herabfallenden Früchten.
Alte Obstbäume spielen dabei eine besondere Rolle: sie bilden wunderbare Lebensräume für den Steinkauz, Sieben- und Gartenschläfer, Grünspecht, Wendehals und Neuntöter.
Mit der Kombination aus freistehenden Bäumen und Grünland überlagern sich zwei Biotope - Streuobstwiesen sind ein besonders wertvoller Lebensraum mit einer hohen Artenvielfalt.
Laut der Streuobsterhebung der Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg von 2009 wurden fast 80 Prozent der Streuobstbäume in Baden-Württemberg nicht oder unregelmäßig geschnitten. Schnitt und Pflege sind aber die Voraussetzung für langlebige und gesunde Bäume.
Wie können wir dazu beitragen, dass Besitzer von Streuobstwiesen ihre Bäume gerne wieder schneiden und pflegen, die Wiesen mähen, das Obst ernten und zur Kelterei transportieren?
Geht das überhaupt bei dem Preis, den die Keltereien in unserer globalisierten Welt für das Mostobst bezahlen (können)? Steht da die Arbeit der Grundstücksbesitzer bzw. -pächter noch in Relation zum Ertrag?
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen gesunde, regional und ökologisch erzeugte Lebensmittel und sind bereit, dafür einen kleinen Aufpreis zu bezahlen. So haben sich in Baden-Württemberg in den letzten Jahren über 50 Vereine gegründet, die das Streuobst ihrer Mitglieder selbst keltern lassen und naturreinen Apfelsaft aus ihrer Region anbieten.
Der Förderverein Streuobstwiesen an Murg und Oos e.V. SOMO organisiert das Keltern von Streuobst und die Vermarktung des Saftes in unserer Region nach diesem Vorbild.
So können wir unseren Vereinsmitgliedern nach dem sogenannten Aufpreismodell* einen fairen Preis für ihr angeliefertes Obst bieten.
Regional und bio: Unsere Vereinsmitglieder verpflichten sich im Gegenzug, ihre Streuobstwiesen nach vertraglich festgeleg-ten Kriterien ökologisch zu bewirtschaften.
Wir bieten jenseits der Aufpreisvermarktung unseren Mitgliedern mit unserem monatlich stattfindenden Stammtisch die Möglichkeit eines fachlichen Austauschs.
In Vorträgen von Experten über Themen rund um den Streuobstanbau erweitern wir gezielt unser Wissen, beispielsweise über Möglichkeiten der Gesunderhaltung und Nährstoffversorgung unserer Bäume.
Wir lernen derzeit auch Bäume selbst zu veredeln, um regionale Baumsorten zu erhalten, die sich teilweise nicht mehr im Angebot unserer Baumschulen befinden. Dabei begleitet uns ein erfahrener Pomologe.
Wir müssen uns dem Klimawandel stellen: Trockenperioden in heißen Sommern versetzen unsere Bäume in "Trocken-stress" - geschwächte Bäume sind anfällig für verschiedene Baumkrankheiten und Schädlingsbefall. Welche Sorten auf welchen Unterlagen kommen an welchen Standorten am besten mit dem Klimawandel zurecht? Welche Möglichkeiten der Bewässerung sind günstig und am besten zu realisieren?
Bei unserem Stammtisch ist der direkte Austausch mit Mit-gliedern des Pomologenvereins mit ihrer großen fachlichen Kompetenz für uns immer wieder von unschätzbarem Wert.
Baden-Baden: Blick auf den Merkur über die Streuobstwiesen auf der Friedrichshöhe Foto: privat