Vielen Dank an Herrn Fleckenstein, der uns das Projekt mit vielen Zahlen und Schaubildern klar und verständlich dargestellt hat. Wir sind gespannt, wie sich dieses weiter entwickeln wird und zu welchen Ergebnisssen es führen wird. Herr Fleckenstein wird uns in einem guten Jahr wieder besuchen um die Ergebnisse des Projekts vorzustellen und möchte bis dahin auch bei dem ein- oder anderen unserer Stammtische als Zuhörer teilnehmen.
Ausgehend vom Vortrag von Herrn Fleckenstein machen wir uns grundsätzliche Gedanken zur Bewirtschaftung von Streuobstwiesen im Klimawandel und überlegen, welche Rolle wir dabei in den nächsten Jahren als Streuobstwiesenverein spielen könnten:
In Zeiten des Klimawandels stehen wir auf unseren Streuobstwiesen vor Herausforderungen, die weit über die "normale" Pflege und Bewirtschaftung vor dem Klimawandel hinausgehen.
Seit 2003 kennen wir "Hitzesommer": diese gab es erst alle 10 Jahre, im Moment alle 2,8 Jahre, etwa 2050 werden wir wohl in 10 Jahren etwa 9 "Hitzesommer" haben! Wobei auf unseren Streuobstwiesen die Hitze nur das eine ist - die damit oft verbundene Trockenheit bzw. Dürre macht unseren Obstbäumen viel schwerer zu schaffen: Bäume geraten in solchen Sommern leicht in den so genannten "Trockenstress", weder die Versorgung mit Wasser noch mit dringend benötigten Nährstoffen gelingt dann noch in ausreichendem Maß.
Viele Bäume werden geschwächt und anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Den Befall mit dem "Schwarzen Rindenbrand" kennen wir seit dem "Hitzesommer" 2003 - mittlerweile sind ein großer Teil der Apfelbäume in Baden-Württemberg betroffen. In acht bereits untersuchten Teilgebieten des Landes liegt der Befall im Schnitt bei 50%. Wie viele dieser Bäume werden zu retten sein?
Wissenschaftliche Projekte bzw. die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen, so wie sie uns von Herrn Fleckenstein oder im Mai 2022 von Frau Zugschwerdt zum Thema Diplodia vorgestellt haben (beide Untersuchungen laufen noch, genaue Ergebnisse sind 2023 und 2024 zu erwarten), sind für uns wichtige Bausteine auf dem Weg zu einem Streuobstanbau, der unter den veränderten, erschwerten klimatischen Bedingungen sinnvoll erscheint.
In dieser Situation kommt Herr Fleckenstein zu uns nach Gaggenau um über Untersuchungen und erste Hinweise aus dem Projekt "Streuobstwiesen im Klimawandel" zu referieren. Herr Kraft schreibt als Redakteur von den BNN darüber einen gut recherchierten Artikel, der am selben Morgen veröffentlicht wird. Das Interesse an diesem Thema ist groß: statt den etwa 20 erwarteten Zuhörern folgten dicht gedrängt über 50 im Streuobstanbau engagierte Kolleginnen und Kollegen, was Herr Fleckenstein aus dem Projekt zu berichten hatte.
Einflussfaktoren auf den Streuobstanbau im Klimawandel: was kann man wissenschaftlich untersuchen, wo sind Erfahrungen von Bewirtschaftern gefragt?
Wir können im Hinblick auf die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen im Klimawandel zehn verschiedene wichtige Einflussfaktoren unterscheiden:
Richtig spannend wurde es bei der dem Vortrag von Herrn Fleckenstein nachfolgenden Diskussion, bei der uns Möglichkeiten und Grenzen von wissenschaftlichen Untersuchungen verschiedener oben genannter Einflussgrößen bewusst wurden:
Uns wurde zunehmend klar, welchen Part wir als Streuobstwiesenverein beim Erhalt der Streuobstwiesen in der Zukunft spielen könnten. Als Frage formuliert: Welche Möglichkeiten haben wir als Verein, zu einem möglichst professionellen Umgang mit dem Klimawandel auf unseren Streuobstwiesen beizutragen?
Streuobstwiesen im Klimawandel professionell bewirtschaften
Unter "professionell" verstehen wir als Streuobstwiesenverein in diesem Zusammenhang:
Unter "professionell" könnten wir im weiteren Sinne aber auch verstehen:
Das Feld ist abgesteckt - wir werden sehen, was sich in der nächsten Zeit in unserem Verein in dieser Richtung machen lässt. Die Herausforderungen im Streuobstanbau sind zweifelsohne groß - es geht wahrscheinlich ums Ganze, d.h. um nichts weniger, als das Überleben des Streuobstanbaus in unserer Region, und das bereits in den nächsten 10 oder 20 Jahren.
Wie oben beschrieben, gibt es viele Einflussfaktoren auf den Streuobstanbau im Klimawandel. So wird es wohl kein Patentrezept zum Erhalt unserer Streuobstwiesen geben und wir werden wahrscheinlich auch weitere Streuobstflächen verlieren.
Rezepte von gestern können heute falsch sein. Wo bis vor einigen Jahren eine Fuhre Mist oder Kompost immer gepasst und zu einem guten Ertrag geführt haben, wird sich der Bewirtschafter von morgen vielleicht wundern, warum seine so gedüngten Bäume Dürreperioden schlechter überstehen oder vom Schwarzen Rindenbrand eher befallen werden, als die seines Nachbarn.
In einer Zeit, in der Ökosysteme wie der Wald, Flüsse und Seen bereits durch den Regen (Thema Stickstoffüberschuss in der Natur) "gedüngt" werden, aus Wäldern Moos und Farne, die magere Böden lieben, langsam verschwinden und zunehmend wilde Brombeeren und Brennnesseln wachsen, in einer Zeit, wo Waldbäume auf gut gedüngten Böden zwar prima wachsen, aber auf überdüngten Böden nur noch ein relativ kleines Wurzelwerk ausbilden und damit in Dürreperioden vertrocknen, oder so geschwächt leichter "krank" werden oder von Stürmen umgerissen werden, müssen wir auch auf der Streuobstwiese das ein- oder andere lernen bzw. neu denken.
Wir sind viele engagierte Freunde von Streuobstwiesen, jede/r von uns denkt mit und macht wertvolle Erfahrungen. Wir müssen gemeinsam lernen, indem wir Kolleginnen und Kollegen an unseren Erfahrungen und unserem Wissen teilhaben lassen: in Obst- und Gartenbauvereinen, in Streuobstwiesenvereinen, aber auch auf größeren Plattformen. Wir betreten im Klimawandel gemeinsam Neuland und sollten uns auf unserem Weg gegenseitig so gut unterstützen, wie das heute, auch mit Hilfe des Internets, möglich ist.
Kommen wir auf die in unserer Überschrift gestellte Frage zurück: Wir denken, dass erfolgreicher Streuobstanbau in der Zukunft wohl ein Puzzle aus vielen Teilen ist: wir sind zuversichtlich in günstigen Lagen, mit günstigen Sorten und Unterlagen, mit ausgeklügelter Bewässerung und Nährstoffversorgung in Dürreperioden und guter Baumpflege viele Streuobstwiesen erhalten zu können.
Wir wollen uns dafür einsetzen, dass das wertvolle Biotop "Streuobstwiese" für die Tierwelt, aber auch für unsere Enkel erhalten bleibt. Es würde uns freuen, wenn Menschen in unserer Gegend auch noch in 20, 30 oder 50 Jahren den Geschmack von leckerem, naturreinen Apfelsaft von unseren Streuobstwiesen genießen können.
Was meinen Sie / meint ihr dazu? Wir freuen uns über Rückmeldungen unter: homepagesomo@gmail.com
Im Klimawandel voneinander lernen
Auf dem oben beschriebenen Hintergrund wäre wirklich super, wenn so viele Bewirtschafter wie möglich den "Klimafragebogen zum Abfragen der Erfahrungen von Bewirtschaftern in Bezug auf den Klimawandel und Streuobst" (Link unten) ausfüllen und an Herrn Fleckenstein zurücksenden. Da auch einige Pomologen beim Januarstammtisch anwesend waren, wäre es toll, wenn wir auch ihre Rückmeldung zu unterschiedlichen Sorten bekommen könnten. Herr Fleckenstein hofft auf viel Feedback und bedankt sich vorab für das Zurücksenden der Fragebögen.